LABAS RYTAS! Ein Erfahrungsbericht über das Auslandsbüro in Litauen

26. Mai 2020, Annalena Kärcher

Warum immer den einfachen und bekannten Weg wählen, wenn man die Möglichkeit bekommt etwas komplett Neues kennenzulernen, welches man eventuell sonst nie kennengelernt hätte? Diese Frage stellte sich Annalena Kärcher und verbrachte zwei Monate im Auslandsbüro in Kaunas (Litauen).

Im Rahmen meines dreijährigen DH-Studiums habe ich die Möglichkeit bekommen das Außenbüro Kaunas in Litauen kennen zu lernen und ein Mitglied des Teams zu werden. Ohne große Erwartungen aufgrund großer fehlender Kenntnis über das Land, habe ich den Schritt gewagt und wurde auf vielfältige Art und Weise überrascht.

Kaunas ist die Zweitgrößte Stadt des Baltikum Staates Litauen. Es liegt im Landesinneren, zwischen der Hauptstadt Vilnius an der russischen Grenze und der Hafenstadt Klaipéda an der Ostsee. Während alleine Baden-Württemberg eine Einwohnerzahl von ca. 11 Millionen aufweist, erscheint Litauen mit seinen knapp 2,8 Millionen Einwohnern als sehr klein. Trotz seiner sehr unscheinbaren Größe, sollte man dieses Land nicht unterschätzen. Neben moderner und traditioneller Kunst, Museen, Architektur und umfangreicher Geschichte, findet man ebenfalls zahlreiche Naturschutzgebiete, Gewässer und atemberaubende Landschaften auf.

 

Mein Alltag in Litauen:

LABAS RYTAS! So werde ich jeden Morgen begrüßt, wenn ich im Office Kaunas ankomme. Gute Laune, grinsende Gesichter und ein Hauch Ironie liegt in der Luft, die die Arbeitsatmosphäre lockert und dir eine Freude bereitet, dass heute wieder ein neuer Tag auf der Arbeit beginnt. Die Menschen in Kaunas sind sehr aufgeschlossen, herzlich, aber auch ehrlich und direkt, was ich sehr schätze. Nach einem kurzen Austausch bei einem Kaffee, wie es einem heute ergeht und was geschäftlich als auch privat ansteht, geht es an die Arbeit. Ich habe eigentlich immer eine Aufgabe und muss mich nie langweilen. Neben einem riesen Haufen von BOM’s und Auftragserfassungen, darf ich auch mit zu Kundenbesuchen. Eine Besichtigung der Produktion eines unserer größten Kunden wurde ebenfalls organisiert.

Die Mittagspause ist hier eine Zeit der Gemeinschaft. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man in ein Restaurant geht und es sich mit Essen gut gehen lässt. Das Gute daran ist, dass es in vielen Restaurants in der Altstadt sogenannte Tagesmenüs für Berufstätige am Mittag gibt, die deutlich günstiger sind, als die tatsächlichen Preise am Abend. Diese Zeit nutzen meine Kollegen gerne, um mich in den Genuss außergewöhnlicher litauischer Spezialitäten zu bringen (z.B. Zeppelinas, Kugelis und andere köstliche Kartoffelprodukte), sowie die typischen einheimischen Insider in der Innenstadt zu erforschen. Dazu gehört beispielsweise ein sehr altes traditionelles „Donutgeschäft“ namens „Spurginé“. Dieser Laden ist sehr klein und unscheinbar, mitten in der Innenstadt an der Fußgängerzone von Kaunas angesiedelt. Dort werden noch handgemachte Backwaren einer Art von uns bekannten „Fasnachtsküchle“ zubereitet. Egal zu welcher Tageszeit man dort hinkommt: Es ist immer gut besucht und das Gebäck ist immer frisch und warm.

Nach der Arbeit geht es ab und zu mit Kollegen in eine schöne Bar, in der es verschiedene und besondere Arten litauisches Bier aus lokalen Brauereien zu genießen gibt. In Litauen ist es nicht üblich vor dem Trinken zu essen, wie wir es in Deutschland gewohnt sind, sondern es werden während dem Trinken sogenannte „Durstmacher“ gegessen. Hierbei handelt es sich um salzige Snacks, die den Durst anregen. Beispiele sind zum einen verschiedene Arten von Nüssen oder auch verschiedene Arten von Käse mit Knäckebrot und frischen Oliven. Diese Durstmacher sind aus lokalen Shops, die ich auch für mich selbst entdeckt habe und gerne das ein oder andere zum Naschen einkaufe.

Naht das Wochenende, steht meist ein neuer Erkundungstrip auf dem Plan. Sei es ein Wochenende an der Kurischen Nehrung am Meer mit Dünen, einem Ausflug in einen Nationalpark, Eislaufen an renovierten Herrenhäusern oder einfach die Stadt erkunden. Hier gibt es immer etwas zu sehen und zu erleben. Besonders die Landschaft in Litauen sowie die historischen Hintergründe und Gebäude sind mehr als sehenswert und zu empfehlen. Aber auch die gute Gastfreundschaft durfte ich erleben und genießen.

 

Essen und Kultur:

Tradition und Kultur gibt es hier ausreichend zu entdecken. Es gibt viele Museen, renovierte Herrenhäuser im ganzen Land, ehemalige Präsidentenpaläste, alte russische Militäranlagen und auch deutschgeprägte Städte. Diese erzählen viel Geschichte, besonders über den Krieg und die Zeiten der deutschen und russischen Besatzung. In vielen der Museen lernt man einiges über die litauische Geschichte, welche auch teilweise im Zusammenhang mit Deutschland steht, weshalb es bei einem Besuch in Litauen ein Muss ist, sich wenigstens einmal einen kleinen Überblick darüber zu verschaffen.

Gutes Essen gibt es ebenfalls mehr als genug. Besonders auf dem Land und auf Wochenendmärkten findet man hausgemachte Wurst, Baumkuchen und Gebäck bester handgemachter Art. Manches sieht vielleicht auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig aus, jedoch sollte man es einmal gekostet und gesehen haben. Viele Gerichte werden mit Kartoffeln zubereitet und sind etwas fettiger als in Deutschland gewohnt, dies sollte einen trotzdem nicht davon abhalten, diese Spezialitäten voll und ganz zu genießen.

Warum Litauen?

Viele Menschen aus meinem Freunden- und Bekanntenkreis in Deutschland, aber auch meine Kollegen und deren Angehörigen und Freunde, die ich kennen lernen durfte haben mich gefragt, wie ich auf die Idee kam, nach Litauen zu gehen und das im Winter- der ungemütlichsten Jahreszeit des Landes. Von selbst wäre ich wahrscheinlich nie auf die Idee gekommen, da ich Litauen vorher nicht wirklich kannte. Natürlich wusste ich, dass es dieses Land gibt, und wo es auf der Karte zu finden ist, jedoch konnte ich auch nicht mehr damit anfangen.

Litauen war eines der Vorschläge und Möglichkeiten der Personalabteilung, die für meinen gewünschten Zeitraum in Frage kamen. Ich hatte auch das Glück, dass ich tolle Unterstützung meiner letzten Abteilung hatte und diese mir auch einen Rat gegeben hat, den ich letztendlich auch zu Herzen genommen habe: Warum immer den einfachen und bekannten Weg wählen, wenn man die Möglichkeit bekommt etwas komplett Neues kennenzulernen, welches man eventuell sonst nie kennengelernt hätte?

 

Fazit:

Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Auslandserfahrung machen durfte und hätte es sehr bereut, wenn ich nicht Kaunas gewählt hätte. Das Team hat mich vom ersten Tag an integriert und ich durfte eine unvergessliche Zeit erleben.

Durch diese Zeit im Ausland habe ich vieles gelernt und mich persönlich weiterentwickelt. Mir war weder die Landessprache, noch irgendein Gesicht vor Ort oder das Land selbst vertraut. Durch diese Zeit im Büro Kaunas durfte ich mich nicht nur sprachlich weiterentwickeln, sondern wurde auch selbstbewusster in Hinblick auf Fremdsprachen. Mir fällt es leichter mit unbekannten Situationen umzugehen, diese stressfreier zu bewältigen und mich darauf einzulassen, sowie nicht voreilige Schlüsse zu ziehen.

Litauen war eine tolle Erfahrung die ich immer wieder machen würde. Ich persönlich kann das Büro Kaunas, sowie Litauen und das Besichtigen des kompletten Baltikums jedem ans Herz legen. Ich werde hier jedenfalls nicht das letzte Mal gewesen sein.

 - Ačiū! -